Ein Bericht von Manfred Kurz über den Vortrag von Klaus Atzler in der GV-Runde am 14. April 2010
Thema und Redner füllten jüngst den Bärensaal bis auf den letzten Platz. Und wohl niemand hat es bereut, an diesem Geschichtsvereinsabend teilgenommen zu haben. Klaus Atzler, ehemaliger Lateinlehrer am Ellentalgymnasium, verstand es, spannend und anschaulich über die sogenannte Schlacht im Teutoburger Wald zu berichten, wie sie sich in antiken Quellen und durch neueste archäologische Forschungen darstellt; und weshalb man heutzutage lieber von der Varusschlacht spricht.
Im Jahre 9 n. Chr. wurden drei römische Legionen unter dem Oberbefehl von P. Quinctilius Varus durch germanische Krieger unter dem Cheruskerfürsten Arminius vernichtend geschlagen. Die römischen Legionäre befanden sich auf dem Marsch aus der Wesergegend in ihre Winterquartiere am Rhein durch unwegsames Wald- und Sumpfgebiet. Dabei wurde der etwa 15 km lange Marschzug immer wieder durch seitliche Angriffe der Germanen behelligt. In den engen Waldtälern konnten die römischen Legionäre nicht in der gewohnten Schlachtordnung reagieren. Vier Tage lang währte dieser Angriffs-und Abwehrkampf entlang des Marschweges bis zu seinem heftigen Ende.
Lange rätselte man darüber, wo das bei dem römischen Schriftsteller Tacitus genannte Teutoburgische Waldtal oder Waldgebirge genau zu suchen wäre, in dessen Nähe die Schlacht stattgefunden habe. Im 17.Jahrhundert hat ein Paderborner Bischof kurzerhand den Höhenzug Osning in Teutoburger Wald umbenannt. So haben wir den kuriosen Fall, dass nicht die Schlacht nach dem Ort, sondern der Ort nach der Schlacht benannt wurde. Dort wurde dann auch 1875 das beherrschende Hermannsdenkmal als Symbol der Kraft des geeinten deutschen Kaiserreiches errichtet.
Die Suche nach dem wirklichen Ort der römischen Niederlage bekam im Jahr 1987 neuen Auftrieb, als der pensionierte britische Offizier und Hobbyarchäologe Tony Clunn mit einem Metalldetektor eine Stelle bei dem Ort Kalkriese in der Nähe von Osnabrück absuchte, die schon der Historiker Theodor Mommsen im 19. Jh. als Schlachtort vermutet hatte. Die von Clunn aufgespürten Funde führten zu ausgedehnten Ausgrabungen, die etwa 1500 römische Münzen und 4000 römische militärische Ausrüstungsteile zutage förderten. Man weiß nun, dass hier ein heftiges Gefecht mit römischer Niederlage stattgefunden hat. Ist also hier bei Kalkriese der Ort des Endes des viertägigen Kampfes der Varusschlacht, wie man sie jetzt heißt? Ganz sicher ist man nicht, aber es spricht vieles dafür, solange man nichts Überzeugenderes findet.
Liberator Germaniae, Befreier Germaniens, nennt schon Tacitus den Arminius. Aber Tacitus und mit ihm die Berichte über Arminius gerieten im Mittelalter in völlige Vergessenheit. Das änderte sich zur Zeit des Humanismus im 16. Jh., als die antiken Schriftsteller wieder entdeckt und gedruckt wurden. Ulrich von Hutten und auch Martin Luther sahen in Arminius oder wie er nun, falsch verdeutscht, Hermann genannt wurde, einen Vorkämpfer gegen kirchlich-römische Machtansprüche. Und immer wieder im Laufe der Geschichte diente Hermann der Cherusker als Vorbild im Kampf gegen welsche, nichtdeutsche Mächte, so zum Beispiel in den Befreiungskriegen gegen Napoleon, wo man dann auch die Völkerschlacht bei Leipzig als die neue Hermannsschlacht feierte. 1875 wurde das Hermannsdenkmal bei Detmold als Symbol der Kraft des geeinigten deutschen Reiches eingeweiht. Oft wurde der Hermann-Mythos ge- und missbraucht als Anfeuerung einer Kampfbereitschaft, im ersten Weltkrieg, auch im Hitlerreich und selbst noch in der DDR im Kampf gegen die imperialistischen Westmächte.
Atzler schloss seinen Vortrag mit den Worten: Wenn man bedenkt wie viel Nationalismus und antifranzösisches Ressentiment mit diesem Monument verbunden waren, kann man nur begrüßen, dass die Leute heute dort Kaffee trinken, Torte essen und die schöne Aussicht ins Detmolder Hermannsland genießen.